
Rechtssprechung: Visuelle Störung, Nachtragsbaugenehmigung und Aufhebung von Baugenehmigungen
Das oberste französische Verwaltungsgericht, der Conseil d’État, hat in einer Entscheidung vom 22. Mai 2012 (auf Französisch) das Einspruchsverfahren zur Aufhebung einer Baugenehmigung für einen Windpark, das von einer an die Gemeinde des Windparkprojekts angrenzenden Nachbargemeinde eingelegt wurde, für unzulässig erklärt. Der Conseil d’État vertrat hierbei die Auffassung, dass die klagende Gemeinde kein Eigeninteresse begründet hatte, die es ihr – berechtigterweise – erlaubt hätte, eine Aufhebung der Baugenehmigung für einen Windpark auf der Fläche einer angrenzenden Gemeinde zu beantragen. Die fragliche Gemeinde hatte die visuelle Störung angeführt, die der Windpark für ihre Einwohner gehabt hätte, ohne jedoch eine Auswirkung auf ihre Situation oder die Interessen, die in ihrer Verantwortung liegen, geltend zu machen.
Das Verwaltungsberufungsgericht von Bordeaux hat mit einer Entscheidung vom 21. Juni 2012 (auf Französisch) bestätigt, dass eine Nachtragsbaugenehmigung die Möglichkeit bietet, Unzulänglichkeiten einer ursprünglichen Baugenehmigung zu beheben. Sobald der Grund für die Unzulässigkeit der ursprünglichen Baugenehmigung durch eine Nachtragsbaugenehmigung ausgeräumt ist, kann sie kein Grund mehr für die Aufhebung der ursprünglichen Baugenehmigung sein. Die Entscheidung liefert darüber hinaus Anhaltspunkte zum Umfang der Lärmkontrollen durch den Antragsteller. So ist ein geringfügiger Fehler bei der Lärmmessung kein Grund, die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung in Frage zu stellen, solange die verzeichneten Lärmemissionen nicht die rechtlichen Grenzwerte überschreiten.
Der Richter für Eilverfahren des Verwaltungsgerichts von Toulouse hat per Verordnung vom 26. Juni 2012 zwei Ablehnungen für Baugenehmigungen von Windparks aufgehoben und die zuständige Verwaltung zugleich verpflichtet, die beantragten Genehmigungen innerhalb einer einmonatigen Frist auszustellen (Entscheidung: TA Toulouse, ordonnance 26 juin 2012, n°1202361). In der Sache hatte der zuständige Präfekt die Baugenehmigung zunächst abgelehnt mit der Hauptbegründung, dass die Landschaft beeinträchtigt würde. Diese Ablehnung wurde vom Verwaltungsgericht Toulouse im April 2011 aufgehoben. Ohne Rechtsmittel gegen dieses Urteil einzulegen, hatte der Präfekt daraufhin beschlossen, die Baugenehmigung mit derselben Begründung ein weiteres Mal abzulehnen.